mit offenen Mündern!
Über das Schweigen
“Das Weib
schweige in der Gemeinde“. So und ähnlich schreibt Paulus. Und tatsächlich wird
uns dieser Satz aus dem Paulusbrief grade des Öfteren zu Gehör bzw. zu Augen
gebracht. Ebenso das Schweigen Marias, das wir nicht zu schätzen wüssten,
dessen wir uns frech bedienen würden.
Maria , so heißt es, bewahrte alles in
ihrem Herzen. Sie hatte dort einen Schatz.
Hatte Jesus eine schweigende Mutter?
Hat sie nicht geredet und gesungen, wovon ihr Herz voll war? Hat sie das
Magnifikat mit geschlossenem Mund gesungen?
Sie hat ihren Sohn sprechen gelehrt.
Sie hat ihm den Schatz ihres Herzens bestimmt nicht vorenthalten. Sie hat ihn
mit ihm geteilt. Mitgeteilt.
Politisch, gesellschaftlich waren
Frauen in der Zeit Marias und Jesus’ ohn-mächtig. Sie hatten zu schweigen. Das
Schweigen der Ohnmacht ist aber kein Gold. Es ist bleiern.
Es gibt Schweigen, das ist golden. Das ist ein Segen:
Da ist das Schweigen vor Gott, das
scheue Schweigen. Das Schweigen und Hineinhören in Gottes Liebe. Es ist voller
Demut. Es ist frohmachend und stärkend.
Da ist ein Schweigen aus Klugheit.
Mütter, und Väter, sollten dieses Schweigen beherrschen, wenn sie ihre
erwachsenen Kinder als freie Menschen respektieren wollen, die ihren Weg finden
wollen und müssen. Auch Maria mit ihrem Schatz im Herzen, beherrschte es, sie
ließ ihren Sohn frei.
Streitend sollte man dieses Schweigen
im richtigen Moment beherrschen, um den Streit Früchte tragen lassen zu können,
indem man z.B. das letzte Wort nicht hat, sondern es dem oder der Anderen
überlässt. Nicht aus Berechnung, sondern als ersten Schritt des
Entgegenkommens, der Versöhnung.
Kluges Schweigen kann auch pädagogisch
sein, wenn man z.B. ein Kind sich seine eigenen Gedanken und Ideen entwickeln
lässt, es denken lernen übt, es nicht ständig belehrt, nicht vorgreift. Sich
mitfreut über seine Freude am eigenen Entdecken.
Da ist das Schweigen des Mitgefühls.
Des Zuhörens und des Mit- Aushaltens. Wenn alles Reden unangemessen wäre, wenn
jedes Wort nicht Trost, sondern Übergriffigkeit bedeutet. Wenn es einer
Solidarität der Ratlosigkeit bedarf.
Und da ist das andere Schweigen. Das
bleierne Schweigen. Ein Schweigen aus Angst.
Ein Schweigen aus Resignation. Ein Schweigen Unrecht gegenüber. Ein
Schweigen aus Unterwürfigkeit. Ein Schweigen der Berechnung.
Das ist Schweigen wider besseres
Wissen. Das ist Devotismus.
Dieses Schweigen ist nicht stärkend
und angemessen, sondern unheilvoll. Es
stärkt die Angst, das Unrecht, die Vorteilnahme und Korruption, die
Ungerechtigkeit. Es hemmt Entwicklung.
Dieses Schweigen ist die Schwester der
Lüge.
Wenn uns Menschen in diesen Tagen mit Bibelzitaten
beweisen wollen, wie unrecht wir haben mit unserer Initiative Maria 2.0, so
wird nicht nur Paulus, sondern auch gerne aus dem alten Testament zitiert.
Ich möchte kein Testament durchsuchen,
um jemand anderem zu beweisen, dass er/sie falsch glaubt. Die Deutsche
Bischofskonferenz wirft uns Vereinfachung vor.
Ja,
es gibt Dinge, zu denen schweigen wir auch gerne. Weil wir, zumindest
ich persönlich, keine oder kaum Ahnung habe von ihnen. Kirchenrecht, Dogmatik,
Kirchengeschichte...ich bin keine Theologin.
Aber da gibt es genug kluge, studierte
Frauen und Männer vom Fach, die sich seit Jahrzehnten versuchen Gehör zu
verschaffen. Und wenig durchdringen, wie man hört.
Wir führen eine einfache Sprache, und
trotzdem schweigen wir nicht. Immer mehr und mehr mit uns schweigen nicht. Weil
das Herz so voll ist. Weil weiter Schweigen Unrecht wäre.
Wir glauben, dass viele Bischöfe und
Kardinäle von zu vielen Abnickern und Jasagern umgeben sind. Von berechnenden
Schweigern. Man sagt uns, in der römisch katholischen Kirche kann nur Karriere
machen, wer schweigen lernt über bestimmte Themen, Zweifel nicht laut werden lässt, Sehnsucht verbirgt,
und möge sie noch so sehr das Herz erdrücken. Wo bleibt da die Wahrheit, die
frei macht? Solches Menschenwerk führt
zur Erstarrung.
Jesus lebt. Er lebt, weil er bei uns
ist und mit uns ist in unserer Zeit. Er ist mit uns in 100 Jahren
Frauenwahlrecht. Er ist mit uns in neuen Erkenntnissen der Wissenschaft.
Er ist mit uns in den Menschenrechten. Er ist mit uns in jeder Befreiung von Unterdrückung.
Er ist mit uns im goldenen Schweigen. Im Lobpreis und im Verkünden.
Wir müssen ihn am Leben lassen.
Wir müssen reden! Ohne Schweigegebot
und Worthülsen. Direkt und ausführlich. Wir müssen nicht Dialog sagen und
Ignoranz tun.