Da bin ich wieder. Im bunten, stürmischen deutschen Herbst. Schön!
Ich erzähl Euch ein bisschen von da, wo ich war...
Antakya, das antike Antiochia...
....wo die hübschen kleinen Täubchen in hellen Schwärmen fliegen. Behängt mit kleinen Glöckchen. So sind ihre kunstvollen Flüge nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch Musik für die Ohren. Als wenn kleine Kieselsteine über die alten Dächer rollen.
Seit Jahren versuche ich, ein mal im Jahr ein paar Tage an diesem friedvollen Ort zu verbringen:
Barbara, die ich dort besuche, hat hier in der Altstadt ein interreligiöses Zentrum aufgebaut.
Sie kam vor fast 40 Jahren, eigentlich auf dem Weg in den fernen Osten, hier vorbei und man bat sie, doch bitte für ein Jahr zu bleiben, da die kath. Kirche gerade keinen einzigen Vertreter in Antakya hatte...
Sie blieb- bis heute.
Inzwischen hat die Kirche einen Vertreter vor Ort, einen männlichen....
Barbaras Arbeit hier ist vielschichtig. Sie betreibt drei Gästehäuser, in denen zur Zeit viele NGO-Helfer untergekommen sind( die syrische Grenze ist nur wenige Kilometer entfernt) sowie Journalisten, die über den Bürgerkrieg berichten.
Früher gab es viele Pilger aus aller Welt, die , oft zu Fuß oder mit dem Rad, z.B. nach Jerusalem unterwegs waren. Dieser Weg ist ja im Moment versperrt.
Dreimal am Tag trifft sich, wer immer will, zum Singen und Beten in Barbaras Haus. Im Andachtsraum steht FRIEDEN in Dutzenden von Sprachen. Denn darum geht es: Nicht wer was glaubt oder gar darum, wer den "rechten" Glauben hat, sondern um das gemeinsame Bitten und Bemühen um Frieden und Gerechtigkeit.
Die Synagoge ist einen Steinwurf entfernt, ebenso die Moschee. Aleviten kommen genauso her, wie armenische und orthodoxe Christen oder Atheisten. Manchmal kommen Buddhisten, einmal haben wir ein paar Hindus begrüßen können, die für den Frieden um die Welt radelten.
(in Barbaras Höfen duftet es nach Jasmin. Ganze Wolken davon wachsen an allen Mauern.)
Barbara nimmt auch einheimische Jugendliche auf, die hier in der Stadt eine Ausbildung machen
und nicht jeden Tag vom Dorf herkommen könnten.
Ihre Häuser sind wunderschön. Freilich nicht im tollen Zustand des Hauses der Katholischen Kirche, das aufs Feinste restauriert ist, und wo es bestimmt niemals durchs Dach regnet...
Aber auch wenn bei Barbara alles mehr mit Liebe, Geduld und Spucke zusammengehalten wird (Barbara lebt hier im wahrsten Sinne von der Hand in den Mund), so ist alles ungemein liebevoll und mit viel Sinn für Schönheit eingerichtet.
..und man sitzt einfach so auf römischen Säulenkapitellen...
So zu leben verlangt ein ungeheures Gottvertrauen.
Ich kehre immer gestärkt zurück von hier. Trotz der vielen Probleme, der Armut, der Konflikte....dieser Ort schafft Frieden. Ganz konkret, ganz einfach. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.
Ein paar Tage haben wir auch in SanliUrfa verbracht, der sagenhaft schönen Stadt, zu der Pilger aller monotheistischen Religionen kommen, da hier Abraham, Ibrahim, geboren wurde. Hier steht die schönste Moscheenanlage, die ich kenne.
...und dann reisten wir noch in die alte arabische Stadt Mardin, die wie ein Adlernest auf Berges Gipfel über der mesopotamischen Tiefebene throhnt. ( die Einheimischen nennen die Ebene"Ozean") Mardin, das ist in Stein gehauene Schönheit.
....bis ein sehr bedrückender Sandsturm uns von dort vertrieb,...
...500 km nach Westen, zurück in die Meernähe von Antiochien...
....ich mag diese Stadt sehr. Antakya schreibt sich den Frieden inzwischen auf ihre Fahnen und ihre Touristenwerbung. (Wenn es ihm dient, warum nicht.)
Dass das alles eine Frau angestoßen hat, die vor fast 40 Jahren mit dem Fahrrad vorbeikam -und seither blieb- das allerdings wollen die MÄNNER dort, egal ob Christen, Muslime oder Juden, denn doch nicht so betonen. Diese Sache mit den Frauen und Männern, die geht mir seit Jahren zusehends auf den Geist, wenn ich in die Türkei reise. Dazu später vielleicht mehr....
...bis nächstes Jahr, hoffentlich in friedlicherer Zeit!